Kleine Gemeinden, starke Finanzen

Während viele Gemeinden mit knappen Budgets kämpfen, zeigen Hernstein, Scharndorf und Parbasdorf, dass solides Haushalten möglich ist.

Autor: Helmut Reindl

Trotz unterschiedlicher Größe und Strukturen weisen die drei Gemeinden Hernstein, Scharndorf und Parbasdorf eine vergleichsweise robuste Finanzlage auf. Die Gemeinsamkeiten sind deutlich: Alle drei Gemeinden haben eine geringe Pro-Kopf-Verschuldung und stabile Rücklagen, die ihnen finanzielle Spielräume verschaffen. In Scharndorf beispielsweise stieg der Jahresüberschuss 2023 auf rund 491.000 Euro, was fast 13 Prozent der Einnahmen entspricht. Hernstein verfügt über Rücklagen, die höher sind als die Schulden, und Parbasdorf profitiert von niedrigen Fixkosten durch seine kleine Bevölkerung. Auch die demografische Entwicklung trägt zum Erfolg bei: Stabile oder leicht wachsende Einwohnerzahlen sichern verlässliche Einnahmen aus Steuern, Gebühren und Ertragsanteilen. Die Gemeinden haben ihre Ausgaben diszipliniert im Griff, Prioritäten gesetzt und größere Investitionen gezielt geplant, wodurch Überschüsse möglich wurden. Diese Faktoren zusammen zeigen: Finanzielle Stärke hängt nicht von Größe oder Fläche ab, sondern von einer Kombination aus Haushaltsdisziplin, stabilen Einnahmen und überschaubaren Strukturen.
Es zeigt sich: Überschüsse entstehen durch sorgfältige Planung, Ausgabenkontrolle und vorausschauende Haushaltsführung. Gleichzeitig zeigen die Beispiele, dass jede Gemeinde ihre Strategie an Größe, Struktur und lokale Besonderheiten anpassen muss. Was alle drei verbindet, ist ein klarer Fokus auf stabile Finanzen, effiziente Verwaltung und langfristige Nachhaltigkeit – Grundvoraussetzungen, um auch in herausfordernden Zeiten handlungsfähig zu bleiben.

Hernstein: Finanzielle Stabilität ist kein Zufall

Bgm. Michaela Schneidhofer - Hernstein
Bgm. Michaela Schneidhofer – Hernstein

Der Rechnungsabschluss 2024 der Marktgemeinde Hernstein im Bezirk Baden zeigt Überschüsse, hohe Eigenmittel und kaum Schulden. Bürgermeisterin Michaela Schneidhofer erklärt, warum das so ist: „Ich hatte – wie zuvor auch schon mein Vorgänger – das Glück, eine schuldenfreie Gemeinde übernehmen zu können. Wenn man keine Belastung durch Schulden hat, erleichtert das natürlich das Arbeiten enorm. Ein zweiter Grund ist, dass wir von Katastrophen verschont geblieben sind“, sagt Schneidhofer. Die Zahlen bestätigen das: Die 1.600-Einwohner-Gemeinde erwirtschaftete 2024 einen operativen Überschuss von gut einer Million Euro, auf die Bevölkerung umgelegt sind das rund 640 Euro pro Kopf. Das Nettoergebnis lag bei über 600.000 Euro, den Fremdmitteln von knapp einer Million Euro steht ein Nettovermögen von mehr als 14 Millionen Euro gegenüber. „Wir sind nicht die reichste Gemeinde, haben aber kein strukturelles Defizit“, betont die Bürgermeisterin.

Großes ehrenamtliches Engagement

Ein Erfolgsfaktor ist die breite Unterstützung der Bevölkerung. „Wir haben nur zwei Gemeindearbeiter, aber für die Menschen ist
es selbstverständlich, selbst Hand anzulegen, um beispielsweise die öffentlichen Grünflächen zu pflegen. Oder dass die Feuerwehr in der Ortschaft Grillenberg Arbeiten am Friedhof erledigt. Wir haben viele Vereine, die das Gemeinschaftliche als ihren Auftrag sehen.“ Auch bei Investitionen setzt Hernstein auf Weitsicht. „Wir versuchen natürlich, Projekte, die wir umsetzen wollen, über den Haushaltsüberschuss zu finanzieren. Bei größeren Vorhaben muss man beurteilen, welche Projekte sich langfristig am stärksten auswirken. Es ist zwar schön, wenn man kurzfristig investieren kann, aber man muss halt darauf achten, ob man nicht laufende Kosten verursacht, die sich dann ständig erhöhen.“ Neue Kredite nimmt die Gemeinde nur in Ausnahmefällen auf. „Wir versuchen, Rücklagen nicht anzugreifen und haben schon seit langer Zeit keinen Kredit aufgenommen. Kreditfinanzierung machen wir nur für große Projekte, die anders nicht zu stemmen sind.“ Derzeit spart Hernstein für den Bau eines Turnsaals, gleichzeitig soll das alte Feuerwehrhaus zu einem Nahversorger umgebaut werden – so geplant, dass es bei Bedarf auch anders nutzbar ist. Auch im Energiebereich denkt man voraus: Mit einer kommunalen Energiegemeinschaft werden Photovoltaikanlagen optimal genutzt. „Gemeinsam mit dem Land und unseren Partnern überlegen wir, ein Speichersystem zu schaffen, um den Strom effizient nutzen zu können und beispielsweise die Straßenbeleuchtung damit zu versorgen.“

Gemeindeverbände helfen sparen

Ein weiterer Vorteil: die Kooperation mit anderen Gemeinden. „Eine enorme Hilfe ist, dass wir gut in Verbandsstrukturen eingebettet und da mit anderen Gemeinden zusammenarbeiten können. Das hilft enorm, Kosten zu reduzieren. Wenn wir beispielsweise den Wasserleitungsverband nicht hätten, könnten wir das Gemeindegebiet nicht um diesen Preis versorgen.“

Scharndorf: Überschuss dank Windkraft und Energiesparen

Scharndorf im Bezirk Bruck an der Leitha erwirtschaftet einen deutlichen Überschuss – und beweist damit, dass solide Haushaltsführung auch in Zeiten knapper werdender Ressourcen möglich ist. Das war aber nicht immer so: Ein Blick auf die Daten von Statistik Austria und der Plattform „Offener Haushalt“ zeigt: Zwischen 2020 und 2022 sanken die Erträge der 1.200-Einwohner-Gemeinde von rund 4,6 auf 3,6 Millionen Euro. 2022 blieb nur ein knappes Plus von rund 91.000 Euro. 2023 folgte jedoch die Wende: Mit Einnahmen von 3,78 Millionen Euro und Ausgaben von 3,29 Millionen Euro erzielte die Gemeinde einen Überschuss von rund 491.000 Euro. Das entspricht fast 13 Prozent der Jahreseinnahmen – ein Wert, von dem viele Kommunen nur träumen.

Cashcow Windkraft

Bgm. Leopold Zwickelstorfer - Scharndorf
Bgm. Leopold Zwickelstorfer – Scharndorf

Einen wesentlichen Grund für diese Entwicklung sieht Bürgermeister Leopold Zwickelstorfer in den Windparks, die in der Gemeinde errichtet wurden. Bereits 2003 hat man damit begonnen, die Errichtung von Windkraftanlagen nur auf Gemeindegrund zuzulassen. Derzeit sind es 20 Stück. „Als keine gemeindeeigenen Flächen mehr verfügbar waren, haben wir den Betreibern gesagt, dass sie auch andere Gründe kaufen können, aber der Gemeinde schenken müssen. Damit stehen auch die dort gebauten Windräder auf Gemeindegrund. Wir haben dadurch zehn Hektar dazugewonnen, die wir für landwirtschaftliche Nutzung verpachten“, erklärt Bürgermeister Zwickelstorfer. Die Einnahmen aus den Windkraftanlagen liegen derzeit bei rund 600.000 Euro im Jahr. „Das ist für eine Gemeinde wie Scharndorf schon relativ viel“, so Zwickelstorfer. Der erwirtschaftete Überschuss schafft Handlungsspielraum: Er kann für Rücklagen, zur Schuldentilgung oder für neue Investitionen genutzt werden. Gerade in Zeiten steigender Kosten für Energie, Personal oder Infrastruktur ist dieser Puffer ein wichtiger Vorteil.

Sparen bei Energiekosten

In Scharndorf verlässt man sich aber nicht nur auf die Gelder aus der Windkraft, sondern spart auch ausgabenseitig. So wurden etwa die Heizungen der Kindergärten auf Erdwärme umgestellt. Die drei Feuerwehrhäuser, die es in der Gemeinde gibt, wurden von Ölheizungen auf Wärmepumpen inklusive PV-Anlagen umgestellt. Zusätzlich gibt es jetzt Batteriespeicher auf den Feuerwehrhäusern und am Gemeindeamt. Hier halfen die Förderungen der Klima- und Energie-Modellregion. Vor zwei Jahren wurde auch eine Energiegemeinschaft gegründet, die die gemeindeeigenen Gebäude zum Nulltarif versorgt. Pro-Kopf-Einnahmen von 8.079 Euro stehen damit Ausgaben in Höhe von 7.943 Euro gegenüber. „Bei uns wird immer nach den Vorgaben der NÖ Gemeindeordnung gearbeitet – also sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig“, betont Bürgermeister Zwickelstorfer. Dafür muss man auf Dinge wie ein Hallenbad oder ein Veranstaltungszentrum verzichten. „Wenn wir so weitermachen, müssen wir keinen großen Sparstift ansetzen.“

Parbasdorf: Klein, aber oho

Die Verwaltung in Parbasdorf ist äußerst schlank organisiert. Der Bürgermeister mussauch alltägliche operative Aufgaben wahrnehmen.
Die Verwaltung in Parbasdorf ist äußerst schlank organisiert. Der Bürgermeister muss auch alltägliche operative Aufgaben wahrnehmen.

Während viele Gemeinden über steigende Kosten und knappe Budgets klagen, steht die 167-Einwohner-Gemeinde Parbasdorf im Bezirk Gänserndorf finanziell glänzend da. Laut „Offener Haushalt“ wies Parbasdorf im Rechnungsabschluss 2024 gerade einmal 2.087 Euro Fremdmittel aus – das sind 12,50 Euro pro Kopf. Zum Vergleich: Der niederösterreichische Schnitt liegt bei mehreren Tausend Euro je Einwohner. Mit rund 11,9 Millionen Euro Aktiva ergibt sich ein Nettovermögen von 68.500 Euro pro Kopf. Auch das operative Ergebnis war positiv: 102.451 Euro Überschuss
im Ergebnishaushalt, erst eine Rücklagenentnahme führte zu einem Minus von 78.441 Euro.

„Nachhaltigkeit statt Schulden“

Bgm. Markus Spazierer - Parbasdorf
Bgm. Markus Spazierer – Parbasdorf

Bürgermeister Markus Spazierer sieht darin das Ergebnis konsequenter Politik: „Die Gemeinde hat sich immer um eine nachhaltige Haushaltsführung bemüht. Wir investieren langfristig und solide, um unseren Bürgerinnen und Bürgern einen guten Lebensstandard zu bieten. Hohe Schulden würden die Handlungsfähigkeit einschränken und den Erfolg gefährden.“ Grundprinzipien seien klar definiert: „Wir wirtschaften nach Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Ebenso wichtig sind Transparenz und eine nachvollziehbare Darstellung der Einnahmen und Ausgaben.“

Bürgernähe als Erfolgsfaktor

Die Verwaltung ist schlank organisiert: eine Bedienstete und Spazierer selbst, der auch operative Aufgaben übernimmt. „Viele Tätigkeiten, für die andere Gemeinden einen Wirtschaftshof brauchen, erledigen bei uns Gemeinderäte und Bürger ehrenamtlich. Das spart enorme Kosten und stärkt zugleich den Zusammenhalt.“

Rücklagen für schlechtere Zeiten

„Wir geben nicht mehr aus, als wir einnehmen. Rücklagen sind für uns ein Muss, weil sich Rahmenbedingungen jederzeit ändern können – sei es durch steigende Energiepreise oder sinkende Ertragsanteile“, erklärt Spazierer. Durch die konsequente Bildung von Rücklagen für wesentliche Anlagen und Projekte der Gemeinde war es möglich, Kredite und die einhergehenden Zinsbelastungen so gering wie möglich zu halten. „Aktuell müssen wir keine Tilgungen bedienen“, so der Bürgermeister. Geplante Investitionen sollen auch künftig aus Eigenkapital und mit Förderungen finanziert werden. Zudem setzt Parbasdorf seit Jahrzehnten auf Gemeindeverbände, um Effizienz und Fachkompetenz zu steigern. Spazierer fasst die Strategie der Gemeinde so
zusammen: „Wesentlich ist, Ausgaben kritisch zu hinterfragen und Investitionen langfristig zu planen. Eine solide Ausbildung der Bediensteten und des Bürgermeisters ist dafür genauso
wichtig.“ Trotz steigender Kosten und Abhängigkeit von Förderungen zeigt Parbasdorf, wie solide Finanzpolitik in einer kleinen Gemeinde aussehen kann – mit kaum Schulden, hohen Rücklagen und starker Bürgerbeteiligung.

 

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