Pflege – das verdrängte Zukunftsthema
„Altern in Würde“ ist – neben der Kinderbetreuung – eines der beiden großen Themen, die Menschen von ihrer Gemeinde erwarten. Wobei es einen wesentlichen Unterschied gibt: Möglichkeiten der Kinderbetreuung werden von jungen Familien lange im Voraus geplant. Das Thema Pflege hingegen wird von vielen Älteren so lange hinausgeschoben, bis es unumgänglich wird oder abrupt ins Leben tritt. Dann ist es meist akut.
In dieser Ausgabe der NÖ Gemeinde beschäftigen wir uns mit diesem Thema, weil wir auch beim „Altern in Würde“ strategisch vorgehen möchten. Von „plötzlich“ halte ich nichts – das geht meistens schief. Jeder Zukunftsschritt soll Hand in Hand mit dem Land Niederösterreich erfolgen. Ich möchte jede Gemeinde motivieren, aktiv auf das Thema Pflege zu schauen, niederschwellige Angebote zu schaffen und auch Perspektiven für intensivere Pflegeformen für ihre Bürgerinnen und Bürger zu bieten – idealerweise überregional und in Kooperation mit anderen Gemeinden.
Allein sind wir mit dem Thema „Altern und Pflege“ übrigens nicht. In den kommenden Jahrzehnten werden die meisten Gesellschaften dieser Erde schrumpfen und überaltern. Niedrige Geburtenraten und eine höhere Lebenserwartung verstärken sich dabei gegenseitig. Ein Beispiel ist China: Prognosen sagen, dass die rund 1.400 Millionen Chinesinnen und Chinesen im Jahr 2100 nur noch etwa 700 Millionen sein werden. Dort wird daher die Entwicklung humanoider Pflegeroboter ebenso vorangetrieben wie der Einsatz digitaler Hilfsmittel zur Pflegeunterstützung.
Ein Dorf für jedes Lebensalter
Du kennst das oft zitierte afrikanische Sprichwort: „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Wir sollten es auch auf das Lebensende übertragen: „Ein würdevolles Altern braucht – wie das Aufwachsen eines Kindes – ein Dorf, das sich kümmert und in dem man so lange wie möglich mittendrin bleiben kann.“ Pflegeroboter, wie sie in China entwickelt werden, werden ganz sicher Teil der zukünftigen Pflege sein. Je früher wir jedoch beginnen, unsere Dörfer, Gemeinden und Städte menschlich und altersgerecht weiterzuentwickeln und Pflege sowie Betreuung aktiv anzugehen, desto menschlicher und würdevoller wird unser gemeinsames Altern später sein.
Dein Präsident Johannes Pressl