Nach 7.000 Jahren Geschichte: Freibäder haben Zukunft

Niederösterreich ist die Wiege der Badekultur Österreichs. In letzter Zeit ist ein Trend zu Privatpools und Flussbaden zu verzeichnen. Ist das gute alte Freibad noch zeitgemäß? „Ja“, sagen Expertinnen und Experten.

Es ist eine kleine Sensation. In drei Metern Tiefe fanden Archäologen in Baden bei Wien im Juni Reste einer jungsteinzeitlichen Siedlung. Direkt neben der einzig frei zu Tage tretenden Thermalquelle des Landes. Johann Hornyik, Stadtrat und Historiker der Kurstadt, sieht dadurch belegt, dass die ersten Badener bereits vor 7.000 Jahren die heilende Wirkung des Wassers nutzten. Hornyik: „Grundsätzlich gibt es bei der Kulturgeschichte des Badens drei Stränge, die man auseinanderhalten muss. Das Baden zu Heilzwecken. Baden für die Hygiene und das Baden zum Vergnügen. Das Baden zu Hygienezwecken ist am wenigsten erforscht. Aber der Ausdruck ,Bader‘ für einen nichtakademischen Arzt kommt wohl daher. Denn ein Bader hatte zumindest ein Heißbad für diese Zwecke.“

Schon die Römer badeten in Baden

Weit besser erforscht ist die Tradition der Heilbäder. In Niederösterreich haben bereits die Römer dieser Wohltat gefrönt und den Grundstein zur institutionalisierten Badekultur gelegt. Im Jahr 267 unserer Zeit wird Baden bei Wien als „Aquae“ zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Auch das erste Schwimmbecken im heutigen Sinn entstand in der Kurstadt. 1822 ließ Erzherzog Karl in seiner Burg in Baden ein Wasserbassin errichten. Und schließlich entstand auch das erste öffentliche Bad im Traditionskurort Baden. 1846 begannen die Architekten Van der Nüll und Sieghartsburg mit der Errichtung der Mineralschwimmschule. Das Freibaden im heutigen Sinn kam erst nach der Wende zum 20. Jahrhundert auf. Und auch hier ist Baden ein Vorreiter in Niederösterreich: 1926 wurde das Strandbad errichtet, das bis heute Besucherströme anlockt.

Bad Vöslau

Sinkende Besucherzahlen trotz Rekordhitze?

In letzter Zeit berichten immer mehr Badbetreiber von sinkenden Besucherzahlen trotz Rekordhitze. Immer mehr Privatpools, die Pandemie und ein Trend zum Wildbaden in Flüssen werden oft als Ursachen gesehen. Historiker Hornyik sieht das differenziert: „Wir in Baden können keinen Besucherrück[1]gang bestätigen. Aber das Strandbad ist durch das Thermalwasser auch nicht mit einem herkömmlichen Schwimmbad vergleichbar. Aber auch bei uns gibt es den Trend zum Flussbaden. Man braucht nur an einem heißen Sommersonntag ins Helenental schauen, was sich da abspielt.“

Kläranlagen sorgen für saubere Flüsse

Mit ein Grund für den Boom des Flussbadens ist auch die gesteigerte Wassergüte der Fließgewässer Niederösterreichs. Während bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts noch Abwässer den Ruf der Flüsse als Badeorte trübten, ist seit der flächendeckenden Einführung von Kläranlagen die Wasserqualität wieder hervorragend. Im jüngst veröffentlichten Wassergütebericht der EU liegt Österreich europaweit an zweiter Stelle hinter Zypern. In Niederösterreich wurden 28 Wildbade-Gewässer getestet. 26 schnitten gut ab, nur das Aubad Tulln und der Ottensteiner Stausee waren „ausreichend“.

Sommerfrische boomt

Es gibt also zweifelsfrei einen Trend zum Privatpool und zum Baden in heimischen Gewässern. Silke Ebster, Historikerin des Stadtmuseums in Bad Vöslau, glaubt aber nicht, dass Freibäder massiv an Bedeutung verlieren: „Die Einheimischen ziehen sich gefühlt schon öfter an den Privatpool zurück. Früher hat man den ganzen Ort im Bad getroffen, heute werden die Stammkunden etwas weniger. Das wird aber mehr als wettgemacht durch Gäste aus Wien. Überhaupt erleben wir einen Boom der guten alten Sommerfrische. Im 19. Jahrhundert haben die hitzegeplagten Städter den Sommer im kühlen Umland verbracht und hier ihre Villen errichtet. Das ist ein Trend, der in letzter Zeit wieder massiv zu spüren ist.“

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