EU-Renaturierung: Was auf die Gemeinden zukommt

Die EU-Renaturierungsverordnung ist beschlossene Sache. Der politische Tumult im Umfeld der Beschlussfassung ist hinlänglich bekannt. Aber was bedeutet diese Entscheidung nun konkret? Was kommt auf Niederösterreichs Gemeinden durch den Alleingang von Umweltministerin Gewessler zu? Der NÖ Gemeindebund hat die wichtigsten Fakten nüchtern zusammengefasst…

Verpflichtung in Etappen

Die  Verpflichtung zur Einhaltung der beschlossenen Ziele liegt aus Sicht der EU bei den Mitgliedsstaaten und nicht bei den davon betroffenen  Landwirten und privaten Grundeigentümern.

Das bedeutet, Pläne zur Umsetzung, die Verwirklichung von Projekten beziehungsweise eventuelle Forderungen aus der Nichterfüllung der Richtlinie müssen von den Staaten getragen werden, so sieht es die derzeitige Regelung vor. Wie die einzelnen Staaten ihre Ziele konkret erreichen, ist nationale Angelegenheit.

1. Etappe – bis 2030 gilt:

  1. Allgemein
  • 20% der Land- und Meeresgebiete wiederherzustellen
  • 30% der Lebensraumtypen wiederherzustellen
  • dafür sollen bis 2030 vorrangig NATURA 2000-Flächen zur Verbesserung herangezogen werden
  1. Speziell für städtische Ökosyteme (ca. 10% der Gemeinden und Städte)
  • ein Grünflächenverlustverbot, das sich auf das Referenzjahr 2024 bezieht
  • dieses Grünflächenverlustverbot gilt gesamtstaatlich (es gibt keine Einzelbetrachtung von Kommunen)
  • Ortskerne und Stadtzentren mit hohem Grünanteil (45% Grünfläche und 10% Beschattung) können ausgenommen werden

2. Etappe – bis 2050 gilt:

  1. Allgemein
  • 90% der Lebensräume wiederherzustellen
  • dafür sollen dann alle Flächen (nicht nur NATURA 2000) miteinbezogen werden
  1. Speziell für städtische Ökosyteme:
  • nach 2030 muss es einen Aufwärtstrend bei Grünflächen und Baumüberschirmung geben
  • wobei die natürliche Beschattung für jede einzelne Gemeinde erfasst werden soll

Die Umsetzung

In Österreich müssen Länder bis 2026 einen Plan erstellen

  • Hohe Umsetzungsverantwortung auf nationalstaatlicher Ebene – in Österreich bei den Ländern:
    • Die Bundesländer haben den ersten österreichische Wiederherstellungsplan bis 2026 einzureichen!
    • Die Datengrundlagen sollen laut Kommission EU-einheitlich sein. (Eurostat, Copernicus)

Es liegt nun an den Nationalstaaten, die Verordnung in nationales Recht zu gießen. Im Falle von Österreich sind für Naturschutzgesetze die Länder verantwortlich. In den Bundesländern werden die konkreten Pläne für Maßnahmen erarbeitet.

Der Niederösterreichische Gemeindebund vertritt folgende Ansicht zu den inhaltlichen Punkten:

  • Wenn Investitionen der Gemeinden/Städte zur Umsetzung der Renaturierungsverordnung erforderlich sind, dann braucht es eine 100%ige finanzielle Bedeckung von dritter Seite. Die Gemeinden können diese Kosten nicht tragen.
  • Weil eine hohe Umsetzungsverantwortung bei den Ländern liegt, müssen die Gemeinden in die nationalstaatliche Umsetzung von Beginn an eingebunden werden (das ist im Beschlusstext nicht vorgesehen!)
  • Zusätzlich fordern wir:
    • Österreich darf kein „Gold Plating“ vornehmen. Wir sind jetzt schon Musterschüler.
    • Die Datengrundlagen müssen einheitlich den Gemeinden auch zur Verarbeitung in ihren GIS- Systemen kostenfrei übergeben werden.
    • Eine Umsetzungsverpflichtung für die Gemeinden darf aus dem Vorhaben  nicht entstehen.

Politischer Standpunkt Gemeindebund: Kompromisslosigkeit fördert Unsicherheit

Natürlich hat der Alleingang von Ministerin Gewessler auch politische Konsequenzen. Der Niederösterreichische Gemeindebund hält dazu fest:

  • EUROPAPOLITIK ist eine Politik des Kompromisses und das bedeutet verhandeln, Mehrheiten oder Konsens finden und nach diesen Kompromissen dann zu Handeln.
  • Keine Kompromisse zu finden oder wie bei dieser Entscheidung einen rechtsunsicheren Raum zu nutzen, bedeutet,  auch die Unsicherheit der „Betroffenen“ noch zu steigern.
  • Das erachten wir als in höchstem Maß verantwortungslos gegenüber den Bürgern und auch gegenüber den Gemeinden in Österreich!

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