Gemeinsam stärker im Verband

Gemeinden stehen vor vielfältigen Herausforderungen, die sie allein oft nur schwer bewältigen können. Gemeinsam lassen sich Ressourcen bündeln, Kosten senken und gleichzeitig lässt sich die lokale Identität bewahren – Zusammenarbeit macht stärker und zukunftsfähiger.

Autor: Helmut Reindl

Es war ein klassisches Sommerloch-Thema: Im August wurde wieder einmal die Forderung nach Gemeindezusammenlegungen laut. Diesmal waren es die NEOS, die damit die diversen Budgetlöcher stopfen wollen. Die Erfahrungen aus der Steiermark zeigen jedoch, dass Fusionen nicht immer erfolgreich sind. Nicht nur, dass dort, wo die Bürger befragt wurden, die Zusammenlegungen oft abgelehnt wurden, konnten auch die erhofften Einsparungen meist nicht erreicht werden.

Niederösterreich hat bereits zusammengelegt

In Niederösterreich wurde bereits in den 1960er- und 70er Jahren die Zahl der Kleingemeinden drastisch reduziert. Bis zum Jahr 1971 sank die Anzahl der Gemeinden von 1.652 auf etwa 559. Diese Fusionen betrafen vor allem
Orte mit weniger als 1.000 Einwohnern. Einige Zusammenlegungen wurden später rückgängig gemacht, sodass es heute 573 eigenständige Gemeinden gibt. Wenn man in zwei oder mehr Gemeinden der Ansicht ist, dass eine Zusammenlegung sinnvoll ist, ist das auch heute möglich. Generell setzt man in Niederösterreich heute aber auf die Zusammenarbeit in Gemeindeverbänden. „Wir brauchen keine ständige Diskussion über Zusammenlegungen, die unsere direkte Demokratie aushöhlt“, erklärte NÖ Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl kürzlich bei der Landesversammlung. „Was wir mehr denn je wollen, sind Kooperationen, die effizient und verwaltungskostensparend sind. Nicht Zusammenlegen, sondern zusammenarbeiten, ist unser Credo.“ Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Die politische Selbstständigkeit bleibt erhalten: Jede Gemeinde behält Bürgermeister, Gemeinderat und eigene Entscheidungshoheit. Bürger können weiterhin direkt Einfluss auf lokale Themen nehmen.
  • Effizienz und Kostenteilung: Durch die Bündelung von Aufgaben lassen sich Ressourcen sparen, ohne dass eine komplette Verwaltungsfusion nötig wird.
  • Flexibilität: Verbände können je nach Bedarf gebildet, angepasst oder wieder aufgelöst werden. Die Zusammenarbeit ist projektbezogen und weniger bürokratisch.
  • Erhalt von Identität und Gemeinschaft: Historische und kulturelle Besonderheiten jeder Gemeinde bleiben sichtbar, die Bindung der Bevölkerung an den Heimatort bleibt.

Die Praxis zeigt, dass Gemeinden durch Verbände effizienter, bürgernäher und gleichzeitig selbstständig bleiben können – eine Lösung, die deutlich weniger Konflikte und Kosten verursacht als erzwungene Fusionen. Niederösterreich setzt damit auf Kooperation statt Zwang, um die Balance zwischen Verwaltungseffizienz und lokaler Identität zu wahren. Die Kostenersparnis ist enorm: „Wenn eine Gemeinde die Abgaben selbst einhebt, dann müssen ca. 13 Prozent davon für die Verwaltung ausgegeben werden. Wenn es über den Verband gemacht wird, dann sind es höchstens
drei Prozent. Das heißt, die Gemeinde erspart sich rund zehn Prozent der Abgabenhöhe“, rechnet Anton Kasser, bis vor Kurzem Obmann des Gemeinde-Dienstleistungsverbandes Amstetten und jetzt Finanzlandesrat, vor. Ein weiterer Vorteil, der vor allem den Abgabenbereich betrifft: Dadurch, dass die Abgaben durch den Verband eingehoben werden, ersparen sich die Gemeinden viele emotionale Diskussionen mit Bürgerinnen und Bürgern, die durch den Verband als neutralen Dienstleister abgefedert werden.

Rechtsberatung durch den Verband

Bgm. Andreas Maringer - Langschlag
Bgm. Andreas Maringer – Langschlag

Im Bereich der Abfallwirtschaft sind österreichweit fast alle Gemeinden in Verbänden organisiert. Viele Verbände wurden als Abfall-, Wasser- oder Abgabenverband gegründet, haben aber ihr Tätigkeitsfeld ausgeweitet. So etwa der GVU Melk, der sich von einem Umwelt- und Abgabenverband zu einer umfassenden Service-Organisation für die Gemeinden des Bezirks – und sogar darüber hinaus – entwickelt hat (Die NÖ Gemeinde berichtete im Juni 2023). Der Trend geht in Richtung von Multi-Dienstleistungsverbänden, die eine Fülle von Aufgaben übernehmen. Auch der 1972 gegründete Gemeindeverband Zwettl war ursprünglich nur für die Einhebung von Abgaben zuständig, übernahm dann die Müllentsorgung und erledigt jetzt eine Fülle von Aufgaben für die 25 Mitgliedsgemeinden. Innovativ ist, dass auch juristische Beratung angeboten wird. „Wir haben dafür einen Juristen angestellt, der die Gemeinden und den Verband bei Rechtsfragen berät. Er ist Vollzeit angestellt und sehr gut ausgelastet“, berichtet Verbandsobmann Andreas Maringer, Bürgermeister von Langschlag. „Wir sind froh, dass wir ihn haben.“ Finanziert wird der Mitarbeiter
teils vom Verband und teils von den Gemeinden. „Ein großer Vorteil der Auslagerung an den Verband ist, dass die Beschäftigten dort absolute Profis in ihrem Bereich sind. Es geht ja dabei um Tätigkeiten, die nicht alltäglich sind. Wenn ein Gemeindemitarbeiter sich nur einmal im Jahr mit einer Sache beschäftigt, ist klar, dass er das wahrscheinlich nicht so effizient machen kann, wie der Verbandsmitarbeiter, der das jeden Tag macht“, so Maringer.

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