Kommentar von Gemeindebundpräsident Johannes Pressl zu Medienberichten über Grundstücksgeschäfte von Bürgermeistern, Bezirksvorstehern oder Gemeinderäten
Nicht gut schlafen lassen bzw. zu manchen nächtlichen Gedanken veranlasst hat mich ein gestriger ZIB2 Bericht. Demnach hat ein Bürgermeister in unserem Bundesland über Umwidmungen von Grundstücken, die er kurz zuvor selbst gekauft hat, Gewinne gemacht, die er dann durch einen Weiterverkauf der Fläche „realisiert“ hat. Jetzt erinnerst Du Dich vielleicht an Aussagen von mir in den letzten Tagen, die ich auch in den großen Medien gemacht habe, dass Umwidmungen nicht dazu da sein können, jemandem die Brieftasche zu füllen. Oder dass Flächenwidmung eine Frage der Ordnungs- und Entwicklungsplanung durch den Gemeinderat und nicht eine Frage des Sparbuches ist.
Ich habe zur immer wieder – schon in den letzten Wochen – gestellten Frage, wie ich zu ähnlichen Beispielen stehe auch gesagt, dass es da einen klaren WERTEKOMPASS und auch einen MORALISCHEN KOMPASS gibt, den ich und den wir alle als gewählte VOLKSVERTRETER in unseren Gemeinden einhalten müssen und dass wir letztlich dafür einerseits den GESETZEN aber vor allem in politisch-moralischer Hinsicht unseren BÜRGERINNEN und BÜRGERN, für die wir in den Gemeinden tätig sind, verantwortlich sind.
Zum Antritt ihres Amtes: Bürgermeister und Gemeinderäte schwören “Uneigennützigkeit”
Aber einfach ganz konkret. Worauf sind Gemeindevertreter verpflichtet und wie ist deren Handeln einordenbar, beurteilbar und kontrollierbar?
Die Basis bildet das Gelöbnis zum Amtsantritt, das in ganz Österreich 2093 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und rund 40.000 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte – leicht abgeändert von Bundesland zu Bundesland – in dieser Form ablegen:
“Ich gelobe, die Bundes- und Landesverfassung und alle übrigen Gesetze der Republik Österreich und des Landes Niederösterreich gewissenhaft zu beachten, meine Aufgabe unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen, das Amtsgeheimnis zu wahren und das Wohl der Gemeinde ……. nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern.”
§97 Absatz 2 NÖ Gemeindeordnung
Auch alle 573 Bürgermeister und 12.000 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte in Niederösterreich haben das geschworen, als sie ihr Amt antraten. Was und wie „fix“ ein Gelöbnis ist, das weiß jeder. Es ist eine Verpflichtung. Nehmen wir das Eheversprechen als Beispiel oder auch ein persönliches Gelübde. Und weil das Gelöbnis von Gemeindepolitikern öffentlich abgelegt wird und sie auch Personen sind, die mit all ihren Handlungen und Entscheidungen in der lokalen Öffentlichkeit stehen – also Nachbarn, Bekannte, Freunde oder die Familie sie auch im tagtäglichen Leben kennen – ist ihr (ist unser) Handeln auch „überprüfbar“. Man erkennt schnell, ob ein Lokalpolitiker ein Gelöbnis auch einhält oder nicht.
Kontrollmechanismen und Mehrheitsentscheidungen als “Feuermauer”
Neben den wachen Augen aus dem Umfeld gibt es bei Entscheidungen wie Umwidmungen auch einen Ablauf, der Missbrauch vermeidet.
Erstens: Die Entscheidung: Die fällen – vor allem auch bei Umwidmungen – die Gemeinderäte. Also Menschen aus der Gemeinde und aus allen zur Wahl antretenden Parteien in einer Gemeinde, die demokratisch für 5 Jahre bei der Gemeinderatswahl in dieses Amt gewählt sind.
Zweitens: Die Kontrolle: Die ist mehrstufig.
- Speziell bei Widmungsverfahren gibt es ein zweistufiges Modell:
- eine Vorprüfung durch Sachverständige des Landes
- Dazwischen die Entscheidung im Gemeinderat – nach Anhörung der Bevölkerung, nach Vorlage der Planung durch Ziviltechniker, nach Diskussion in Ausschüssen
- eine Nachkontrolle durch Juristen des Landes
- In grundsätzlichen Angelegenheiten und in allen Handlungen der Gemeinde prüft der „Prüfungsausschuss“ der Gemeinde. Dieser ist zwingend in jeder Gemeinde installiert. Er wird zumeist durch eine Person einer Minderheitsfraktion geführt, hat klare Sitzungsregeln und -intervalle und ist zunächst einmal die „Selbstkontrolle“ in der Gemeinde.
- Darauf aufbauend prüft die Gemeindeabteilung alle Gemeinden regelmäßig im Zuge der Aufsichtspflicht und bei Gemeinden über 10.000 Einwohnern auch der Landesrechnungshof.
Kontrolle ist gut – Verantwortung ist besser
Letztlich ist es aber die VERANTWORTUNG gegenüber den Menschen und damit bin ich wieder zurück beim oben zitierten Gelöbnis:
Erstens: Es geht um die GESETZLICHE VERANTWORTUNG. Bei Verfehlungen dagegen gibt es strafrechtliche oder gerichtliche Verantwortung.
Zweitens: es geht um die POLITISCHE VERANTWORTUNG. Verfehlungen führen zu Vertrauensverlust und letztlich zu Mehrheitsverlust. Schlussendlich zu Mandatsverlust. Die Wähler beurteilen das alle 5 Jahre.
Drittens: es geht um MORALISCHE VERANTWORTUNG. Es geht um die im Gelöbnis geschworene „Uneigennützigkeit“, die sich die Menschen zurecht bei der „gerechten“ Verwaltung und Organisation des Zusammenlebens erwarten und dazu hat mir ein sehr guter Bekannter, der auch Jurist ist, folgende Zeilen geschrieben: „Es ist allein schon der Anschein zu vermeiden, Insiderwissen für einen persönlichen Vorteil zu nutzen.”
Die Regeln sind gut. Die Einhaltung ist für Amts- und Mandatsträger “zwingend”.
Jetzt weiß ich schon, dass immer aufgrund von einzelnen „Anlassfällen“ Forderungen entstehen, was noch alles an zusätzlichen „Compliance-Regeln“ und Einschränkungen und Auflagen und und und … gemacht werden sollte. Ich bin überzeugt, wir haben hier klare Regeln. Wir müssen sie einhalten und bei Zuwiderhandeln werden entweder Gerichte oder am Ende die Wählerinnen und Wähler über uns als gewählte Lokalpolitiker entscheiden ob sie uns wieder vertrauen oder nicht mehr. Das kann einmal kürzer oder länger dauern, aber am Ende „pickt´s“!
Wir stehen hinter den “gewählten Gestaltern”!
Ich kann Dir aber heute versichern: In den unzähligen Gemeinden im Land, die ich kenne, handeln die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger korrekt, engagiert und mit enormem Gestaltungswillen für die Gemeinschaft in ihren Kommunen. Die “Gewählten” – ob als Gemeinderäte und Bürgermeister – wollen stets das Beste für ihre Bürgerinnen und Bürger. Und hinter diese Verantwortungsträger stellen wir uns. In allen Organisationen und auch in der Breite der Gesellschaft : „Eigennützigkeit“ ist zum Glück die große Ausnahme, darauf kannst Du Dich verlassen!