Der Priestermangel stellt die katholische Kirche landauf landab vor ein Problem: Damit die Gotteshäuser an Sonntagvormittagen nicht verwaist sind, müssen immer mehr Laien als Wortgottesdienstleiter aushelfen oder andere Aufgaben, die früher ein Priester erledigt hat, übernehmen. Eine enge Zusammenarbeit mit der (politischen) Gemeinde ist gerade in einer solchen Situation wichtig.
Autor: Helmut Reindl
„Unser Pfarrer will den Menschen in allen Kirchen des Pfarrverbandes die Möglichkeit bieten, die Messe zu besuchen. Deswegen macht er jetzt jeden Samstagabend zwei Messen und am Sonntag drei – um acht, neun und um zehn Uhr. Ich finde, das ist zu viel“, sagt Andrea Haidl, stellvertretende Vorsitzende der Pfarre Dobersberg, die zum Pfarrverband Dobersberg gehört. Sie fürchtet, dass die Messen dadurch zur „Massenabfertigung“ werden. „Der Pfarrer sucht derzeit nach weiteren Kommunionsspendern, damit das schneller geht“, berichtete sie. „Anfänglich wollte er sogar, dass wir die Kommunion erst am Ende der Messe austeilen, wenn er schon unterwegs zur nächsten Kirche ist. Ich habe den Kommunionsspenderkurs aber gemacht, um den Pfarrer zu unterstützen, und nicht, um seine Arbeit zu machen. Das hat er eingesehen.“ Man hat sich geeinigt, dass drei Leute die Kommunion spenden, sodass der Pfarrer schneller ins Auto kann. Als Alternative könnte sich Andrea Haidl vorstellen, dass nicht in jeder Kirche jeden Sonntag eine Messe angeboten wird: „Zum Einkaufen muss ich auch nach Waidhofen fahren. Da kann ich mich auch ins Auto setzen, um in die Kirche zu kommen.“ Der Pfarrer fürchtet jedoch, dass Menschen nicht dazu bereit sind und dann gar nicht mehr kommen. Andrea Haidl glaubt das nicht: „Das Verständnis unter den Gemeinden ist in den zwölf Jahren, die es den Pfarrverband nun gibt, immer besser geworden.“ Anfangs musste man sich zwar aneinander gewöhnen, weil jede Kirchengemeinde einen anderen Rhythmus und andere Feste hatte. Mittlerweile hat man sich engagiert, auch wenn es mit Ausnahme der Firmung kaum gemeinsame Aktivitäten gibt. Derzeit überlegt man, stärker zu kooperieren und beispielsweise auch Erntedank zusammen zu feiern.
Ehrenamtliche Mitarbeiter sind mehr als ein Priester-Ersatz

Christoph Pelczar, in der Öffentlichkeit als früherer „Rapid-Pfarrer“ bekanntgeworden, leitet den Pfarrverband „Rund um den Rochusberg“ im Weinviertel. „Leuten, die Angst haben, dass die Kirchengemeinde untergeht, weil nicht mehr jeden Sonntag in jeder Kirche Messe gefeiert wird, sage ich: Es gibt immer eine Blume für den, der sie sehen will“, sagt er. Er sieht die stärkere Einbindung von Laien durchaus als Chance. „Durch die Taufe sind wir Teil der Kirche geworden. In der Anfangszeit der Kirche trafen einander die Gläubigen, um gemeinsam das Wort Gottes zu hören. Wenn sich jetzt Menschen zusammenfinden, um Wortgottesdienst zu feiern, dann ist das wie ein Zurück zum Ur-Christentum.“ Es wurde aber ein „Radl“ entwickelt, dass in jeder Kirche zumindest jede zweite Woche eine Messe mit Eucharistie stattfinden kann. Dass den ehrenamtlichen Mitarbeitern zunehmend eine wichtige Rolle zukommt, sieht auch Robert Schneider so, der im Pfarrverband in zahlreichen Funktionen, unter anderem als Wortgottesfeier-Leiter, tätig ist: „Ein Laie im kirchlichen Kontext ist ,jemand aus dem Volk Gottes‘ – der Begriff meint also keineswegs einen ,Nichtfachmann‘, wie es oft angenommen wird. Ich bin überzeugt, dass ohne das engagierte Wirken der Laien für die Gemeinschaft Vieles verloren ginge. Für manche Katholiken gibt es zur Eucharistie keine Alternative. Das sehe ich anders: Eine Wortgottesfeier bietet vielfach mehr Raum, sie eröffnet neue Möglichkeiten und zeichnet sich durch große Flexibilität aus. Die Eucharistie ist wichtig – aber eine alternative liturgische Form ist es ebenso.“ Der Pfarrverband biete für die einzelnen Pfarren auch die Möglichkeit, auf unterschiedliche Bedürfnisse einzugehen und sich gleichsam zu spezialisieren: So ist beispielsweise die Kirche „Mariä Himmelfahrt“ in Prottes eine Wallfahrtskirche – dort werden an „Mariensamstagen“ zusätzliche Gottesdienste angeboten. Am Rochusberg wird wiederum für Anliegen der Gesellschaft, wie etwa für den Frieden, gebetet. Und in Weikersdorf gibt es Orientierungsgottesdienste, die konkrete Lebenshilfe bieten sollen. Pfarrer Pelczar: „Es muss nicht mehr jede Kleinstgemeinde ihre eigene Suppe kochen, sondern wir haben jetzt die Möglichkeit, unsere Kräfte zu bündeln.“
Bürgermeister und Pfarrer ziehen an einem Strang
Bernhard Weiser kennt sowohl die kirchliche Ebene als auch die Ebene der politischen Gemeinde. Er ist Gemeinderat in Stratzing im Bezirk Krems und in seiner Pfarre sehr aktiv, seine Frau ist Pfarrsekretärin und Religionslehrerin. „Die Gemeinde ist der Pfarre sehr wohlgesonnen und unterstützt sie sowohl finanziell als auch organisatorisch. Beispielsweise, indem die Feuerwehr bei kirchlichen Veranstaltungen hilft“, sagt er. „Und bei der Osterprozession trägt der Bürgermeister die Statue des Auferstandenen.“ Aber auch in Stratzing wird die Zahl der aktiven Katholiken weniger. „Darunter leidet auch der Zusammenhalt im Ort“, stellt Weiser fest. „Früher hat man sich am Sonntag nach dem Kirchgang getroffen, wenn weniger Leute in die Kirche kommen, fehlt diese Möglichkeit zum Austausch.“
Ein neuer Pfarrverband entsteht

Mit der Bestellung von Simon Eiginger zum Pfarrmoderator für die drei Pfarren Gresten, Randegg und Reinsberg fiel Anfang September der Prozess zur Errichtung eines Pfarrverbandes. „Für uns wird sich durch den Pfarrverband nicht viel ändern“, sagt der Reinsberger Bürgermeister Reinhard Nosofsky. Bereits in den letzten Jahren wurde Reinsberg von einem Pfarrer „mitbetreut“. Im Ort selbst gab und gibt es einen Diakon, der Gottesdienste hält und als Verbindung zwischen Pfarre und Gemeinde dient. „In Randegg wird es zukünftig statt zwei nur mehr eine Messe am Sonntag geben, aber ansonsten glaube ich nicht, dass die Qualität der kirchlichen Betreuung Schaden nimmt“, ist Bürgermeister Nosofsky zuversichtlich. „Wir schauen, dass wir einander helfen können, etwa, indem wir einander Räume zur Verfügung stellen oder bei Grundstücksfragen“, sagt Pfarrer Eiginger über die Zusammenarbeit mit den drei Gemeinden. Wie überall auf dem Land werden auch in Reinsberg bei Dorffesten traditionell auch Gottesdienste gefeiert. Auch bei Feldmessen gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Pfarrgemeinde und politischen Gemeinden. Für Pfarrcafes stellt die Gemeinde das Veranstaltungshaus zur Verfügung. „Es gibt gelegentlich auch Outdoor-Hochzeiten am Kirchenplatz“, berichtet Bürgermeister Nosofsky.