Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit großer Betroffenheit und ebenso großer Sorge beobachten wir die Entwicklungen im Fall eines unserer Amtskollegen aus dem Waldviertel, der vor Kurzem wegen Amtsmissbrauchs zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt wurde – nicht rechtskräftig. Im Zentrum stand ein kommunales Bauverfahren, das sich durch juristische Spitzfindigkeiten und Auslegungsfragen auszeichnete. Bürgermeister Günther Kröpfl aus Pölla hat dabei seine Entscheidungen rechtlich begründet und die betreffenden Bescheide letztlich sogar selbst aufgehoben.
Das Gericht urteilte dennoch schuldig – und sprach dabei ganz offen von einer „Signalwirkung“, die das Urteil entfalten solle. Es solle ein Exempel statuiert werden. Diese Formulierung lässt aufhorchen: Unser Kollege wird bewusst zum Mittel für eine Botschaft gemacht. Die Frage, ob hier Gerechtigkeit geübt oder ein mahnendes Zeichen gesetzt werden sollte, steht unausgesprochen im Raum. Und genau hier beginnt unsere Sorge als Interessenvertretung unserer NÖ VP-Mandatare und schließlich auch der Gemeinden und ihrer Vertreter über Parteigrenzen hinweg.
Denn: Wir alle wissen, wie komplex die Aufgabenlage in der Kommunalpolitik ist. Wir alle wissen, wie schnell rechtliche Einschätzungen angezweifelt oder nachträglich bewertet werden. Und wir wissen auch: Fehler können passieren – doch mit welcher Härte hierbei geahndet wird, wenn kein Vorsatz und keine persönliche Bereicherung vorliegen, ist unseres Ermessens nach schlichtweg besorgniserregend. Wir stehen hinter Bürgermeister Günther Kröpfl. Nicht, weil wir Fehler verharmlosen, sondern weil wir wissen, wie rasch im Gemeindealltag ein Schritt juristisch anders gedeutet werden kann. Unser Günther Kröpfl hat Verantwortung übernommen, er hat seine Entscheidungen selbst überprüft und korrigiert. Ihn nun als Symbol für ein mahnendes Urteil heranzuziehen, ist eine Zumutung – für ihn, seine Familie, und für das Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung.
Dass dieser Fall kein Einzelfall mehr ist, zeigt ein Blick nach Vorarlberg: Auch der Bludenzer Bürgermeister wurde im Dezember 2024 wegen Amtsmissbrauchs verurteilt – auch dort ging es um ein Bauverfahren, auch dort wurden komplexe Abläufe und Zuständigkeiten im Nachhinein strafrechtlich gewertet. Auch dort war der Schuldspruch mit dem erklärten Ziel einer „Abschreckung“ verbunden. Solche Urteile haben eines gemeinsam: Sie verunsichern alle, die tagtäglich Verantwortung in ihren Gemeinden tragen.
Deshalb sagen wir als NÖ Gemeindebund ganz klar:
Wir fordern ein faires, objektives und verhältnismäßiges Rechtssystem – nicht eine Strafjustiz, die Exempel statuieren will. Wir erwarten, dass der Gesetzgeber, aber auch die Justiz, die Realität kommunaler Verantwortung in ein ausgewogenes Verhältnis setzt.
Wir fordern daher einen intensiven politischen und rechtlichen Diskurs über die Grenzen kommunaler Verantwortung im Spannungsfeld zwischen Verwaltungspraxis und Justiz.
Wir danken unserem Kollegen für seinen langjährigen Einsatz, sein Engagement und seine Haltung in einer schwierigen Zeit. In unserer täglichen Arbeit als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister geht es nicht um Macht, sondern um Verantwortung! Wer diese Verantwortung übernimmt, darf dabei NICHT zum Spielball juristischer “Signalwirkungen” werden.