Das Vorhandensein einer leistungsfähigen Breitbandversorgung ist heute ein entscheidendes Kriterium dafür, ob eine Gemeinde als Wohn- und Arbeitsort attraktiv ist. Doch für Glasfaser-Anbieter ist der Ausbau außerhalb der großen Städte finanziell nicht attraktiv. Dann müssen die Gemeinden selbst für Infrastruktur sorgen.
Beitrag von Helmut Reindl
Ziel der österreichischen Breitbandstrategie 2030 ist die vollständige Abdeckung symmetrischer Gigabit-Verbindungen im ganzen Land bis 2030. Die Breitbandstrategie verfolgt einen marktorientierten Netzausbau. Das heißt, es wird versucht, nur dort öffentliche Mittel einzusetzen, wo es unbedingt erforderlich ist. Im November 2021 trat das neue Telekommunikationsgesetz in Kraft. Es soll ein investitionsfreundliches Umfeld für den privaten Sektor schaffen. Unternehmen, die Glasfaser-Ausbau anbieten, können Gebiete zur Förderung einmelden. Wenn das gemacht wird, können andere Anbieter dort keine Förderung mehr erhalten. De facto bedeutet das, dass nur mehr der erste Anbieter dort bauen kann. Die Praxis zeigt, dass das immer wieder zu Problemen führt. „Die Firmen gehen nur dorthin, wo es ein Geschäft zu machen gibt. Keiner ist zu uns nach Niederösterreich in die ländlichen Regionen gekommen, um dort Glasfaser auszubauen“, stellt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner fest. Der erste Schritt, also die Ortszentren an Glasfaser anzubinden, sei mittlerweile erledigt, jetzt gehe es in die zweite Etappe, um den ländlichen Bereich anzubinden.
Anbieter zog zurück
In Furth bei Göttweig hatte man sich nicht mit der zunächst angefragten nöGIG einigen können. Daher entschied man sich, den Glasfaserausbau durch einen anderen Anbieter, der durch Werbung aufgefallen war, machen zu lassen. Zunächst verlief alles sehr gut: Es gab einen Beschluss des Gemeinderats, der auch von der Firma unterschrieben wurde. Dann aber wurde das Projekt seitens des Anbieters evaluiert, und die Gemeinde erhielt eine Absage. „Offenbar haben die Geldgeber einen Riegel vorgeschoben, weil es wegen der derzeit hohen Baukosten an den nötigen Mitteln fehlt“, vermutet Gemeinderat Thomas Schmölz. Der Gemeinde wurde mittgeteilt, dass erst andere Projekte fertiggestellt werden und der Ausbau in Furth hintangestellt wird. „Wir haben dann mit der nöGIG wieder Kontakt aufgenommen, die dann dankenswerterweise eine Möglichkeit gefunden hat, dass unser Projekt in den aktuellen Fördercall mitaufgenommen wird“, berichtet Schmölz. Jetzt werden Besuche in den Haushalten gemacht und Veranstaltungen durchgeführt, um für die notwendige Zustimmung von 42 Prozent zu werben. Der Baubeginn ist für den Herbst 2024 geplant.
Wir müssen unser Versprechen brechen, obwohl wir nicht dafür können, dass nicht gebaut wird. – Reka Fekete, Bürgermeisterin Au am Leithaberge
Es geht nichts weiter
In Au am Leithaberge entschied man sich, den Glasfaserausbau durch ein österreichisches Unternehmen vornehmen zu lassen. „Wir hatten mehrere Angebote, dachten aber, das ist ein erfahrener, zuverlässiger Partner“, erzählt Bürgermeisterin Reka Fekete. Bis dahin hatte man mit dem Unternehmen gute Erfahrungen gemacht. Anfangs ging alles sehr flott: Im Jahr 2022 reichte das Unternehmen die Gemeinde für den damals offenen Fördercall ein, und die Förderung wurde auch rasch bewilligt.
Vorverträge wurden abgeschlossen, für die Bevölkerung wurden Informationsveranstaltungen abgehalten. Der Vollausbau sollte im Herbst 2023 starten, die Beendigung der Bauarbeiten war für Ende 2024 geplant. „Das wurde uns hoch und heilig versprochen, daher haben wir das auch den Bürgerinnen und Bürgern so kommuniziert“, so Fekete.
Der Herbst 2023 ging ins Land und nichts geschah. „Wir haben natürlich nachgefragt, wurden aber immer vertröstet. Zunächst hieß es, dass das Wetter nicht passt, dann wurde auf Personalmangel verwiesen“, berichtet die Bürgermeisterin. Tatsache ist, dass bis auf die Leerverrohrung im Zuge einer Straßensanierung noch keine Arbeiten begonnen wurden. Fekete: „Und meine letzte Information ist, dass auch in nächster Zeit nichts passieren wird. Es gibt kein Datum, an dem ein Baustart geplant ist. Wenn wir das vorher gewusst hätten, dann hätten wir der Bevölkerung nicht versprochen, dass es Ende dieses Jahres Breitband im Ort gibt. Jetzt müssen wir unser Versprechen brechen, obwohl wir nichts dafür können, dass nicht gebaut wird.“ Im Jahr vor einer Gemeinderatswahl ist das nicht ideal.
Selbst ist die Gemeinde
Die mit Glasfaser-Anbietern auftretenden Probleme führen dazu, dass immer mehr Gemeinden das Wagnis auf sich nehmen und selbst tätig werden. Hier haben sich Gemeindekooperationen bewährt. So haben etwa zehn Waldviertler Gemeinden die FTTH Netz Waldviertel Projekt GmbH gegründet, die um insgesamt 55 Millionen Euro den Glasfaserausbau in der Region abwickelt. Im Projektgebiet leben rund 15.000 Menschen. „Letztendlich haben wir über 4.400 Bestellungen erhalten, also eine Bestellquote von zwei Drittel der Haushalte“, sagte Herbert Stadlmann, Geschäftsführer der FTTH Netz Waldviertel Projekt GmbH, bei der Präsentation des Projekts. Diese hohe Anschlussquote sei vor allem durch die Zusammenarbeit der Gemeinden und der guten Arbeit der Glasfaser-Botschafter in der Region gelungen. Die Bauarbeiten werden bis 2026 dauern, die ersten Kunden können aber bereits ab Sommer 2024 mit Breitband versorgt werden.
Christian Laister, Bürgermeister von Groß Gerungs und Obmann des Vereins FTTH Netz Waldviertel, sprach von einem „bundesweiten Vorzeigeprojekt. Unser Projekt ist das sechstgrößte in Österreich. Es umfasst ein Drittel des gesamten Bezirks Zwettl, und wir können damit ein Drittel der Gesamtbevölkerung hier mit Glasfaser versorgen.“
Unser Projekt ist ein bundesweites Vorzeigeprojekt. – Christian Laister, Bürgermeiste Groß Gerungs
Es braucht Unterstützung
Im nördlichen Mostviertel errichten 17 Gemeinden aus den Bezirken Amstetten und Scheibbs gemeinsam ihre Glasfaserinfrastruktur. Gemeinsam mit Bund und Land investieren die Gemeinden 57 Millionen Euro, sodass bis Ende 2027 rund 4.200 Haushalte in der Region mit Glasfaser versorgt werden können. Hauptverantwortlicher ist der Gemeinde Dienstleistungsverband Region Amstetten (GDA). „Der GDA wurde als Dienstleistungsverband für die Gemeinden gegründet. Das Aufgabengebiet hat sich dann ständig erweitert. Nun hat sich mit dem Breitbandausbau für die Gemeinden ein neues Feld aufgetan“, erklärt der Obmann, der Allhartsberger Bürgermeister Anton Kasser. „Es hat im letzten Jahr unzählige Gespräche und Verhandlungen gegeben, um das Ganze auf Schiene zu bringen. Wir haben als Gemeindeverband große Unterstützung vonseiten des Landes, des Bundes, der nöGIG und der öGIG bekommen“, zeigt sich Kasser zufrieden.

Hartwig Tauber (öGIG), GDA-Obmann Anton Kasser, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Andreas Schiffermüller (nöGIG) nach der Vertragsunterzeichnung über das Projekt “Mostviertel Nord”.