Welches soziale Medium passt zu meiner Gemeinde?

Sind bei Facebook nur noch die „Oldtimer“? Soll ich mich mit den coolen Kids auf TikTok matchen oder gar Gemeinde-YouTuber werden? Wo erreiche ich potenzielle Lehrlinge und wie komme ich an fähige Profi-Mitarbeiter? Viele Kommunen stellen sich die Kanal-Frage nicht nur im Abwasserbereich, sondern auch in der Social Media Strategie. Im Folgenden charakterisieren wir einige Plattformen, damit du den perfekten Partner für deine Kommunikation findest.

Beitrag von Oswald Hicker

In den mehr als 15 Jahren seit Markteinführung im deutschsprachigen Raum hat sich Facebook zum größten Medium Österreichs gewandelt. Der Konzern aus der Bay Area hat in Österreich mehr Nutzer als alle Fernsehsender oder alle Printmedien gemeinsam. Auch wenn sich hartnäckig das Gerücht hält, dass Facebook „out“ und etwas für „Oldtimer“ sei, nutzt rund jeder dritte Österreicher das Medium regelmäßig. Eines stimmt: Facebook wird mit seinen Nutzern älter. Bei den über 60-Jährigen liegt die Nutzung bei knapp der Hälfte (46 %). Bei den 16- bis 19-Jährigen sind es zwar weniger (36 %), die Reichweite liegt aber noch bei mehr als einem Drittel. Der Kanal Ihrer Gemeinde eignet sich gut für Bürgerkommunikation und Bürgerservice. Auch die Kommentarfunktion ermöglicht einen guten Dialog mit der Bevölkerung. Facebook-Gruppen sind ein oft unterschätztes Tool, um sich mit Bürgerinnen und Bürgern zu speziellen Themen auszutauschen. All diese Möglichkeiten und die hohe Reichweite haben etwa dazu geführt, dass in der Corona-Krise Facebook eine tragende Rolle in der Krisenkommunikation gespielt hat. Das Veranstaltungs-Tool ist ein weiterer Pluspunkt, um einen Kulturkalender zu bewerben. Kurz: Wenn Social Media, dann sicher Facebook.

Instagram, die jüngere Schwester von Facebook, strotzt vor jugendlichem Elan. Drei von vier Jugendlichen (74 %) gehen bis zu 20-mal täglich auf Instagram. Das Motto der Bild- und Videoplattform: Sehen und gesehen werden. Wer zwischen 14 und 29 Jahre alt ist, ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % auf Insta. Schönheit und Ästhetik stehen im Mittelpunkt der Plattform. Das quadratische Bildformat imitiert das Look & Feel des guten alten Polaroidfotos. Wenn du als Gemeinde auf Instagram erfolgreich sein willst, dann musst du lernen, diese Bildsprache zu sprechen. Eine Baustelle, im Sonnenaufgang abgebildet kann auf Instagram die perfekte Trägerrakete für die Kommunikation einer Umleitung sein. Instagram zahlt sich für dich aus, wenn du junge Menschen erreichen und dich in einem Umfeld bewegen willst, in dem positive Grundstimmung herrscht. Schöne Motive aus deinem Ort gibt es genug, du musst nur die Verbindung zu einer Information finden, die du kommunizieren möchtest. Instagram eignet sich auch perfekt zur Imagepflege als Arbeitgeber oder zur Suche nach Lehrlingen. Wenn du den Traffic auf deiner Webpage steigern willst, dann ist Instagram allerdings nichts für dich. In Feedposts kannst du keine Links einbauen.

Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als zwei Milliarden Nutzer in 91 Ländern der Erde nutzen YouTube. Jede Minute werden auf YouTube 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Während YouTube jährlich neue Rekorde bricht, bricht das klassische Fernsehen ein. Mit gutgemachtem Bewegtbildcontent macht deine Gemeinde oder dein Amt auf YouTube also nichts falsch. Allerdings liegt genau hier die Problematik. Gutgemachter Videocontent ist teuer. Einerseits ist das Konzept, das Drehen, der Schnitt, die Vertonung von Videos sehr zeitintensiv. Für Selbermacher bedeutet das Investitionen in Equipment und Mitarbeiterzeit. Auch wenn man die Produktion in Profihände legt, oder die Zusammenarbeit mit Profi-YouTubern sucht, sprengt das sehr schnell ein großes Loch ins Medienbudget. Besonders geeignet ist YouTube für Erklärvideos aller Art. Was muss ich tun, wenn ich umziehe oder heirate? Worauf muss ich beim Hausbau achten? Wie melde ich meinen Hund an? All das kann Top-Video-Content für deinen YouTube Kanal sein. Wenn du einen geeigneten Experten oder eine Expertin im Team hast oder selbst halbwegs geschickt mit dem Smartphone umgehst, kann YouTube auch eine billige Variante für deine Gemeinde sein. Erfolgreich bist auf dieser Plattform aber nur dann, wenn du regelmäßig postest. Ein Video pro Woche gilt als Faustregel.

Xing ist noch immer das beliebteste Business-Netzwerk im deutschsprachigen Raum. 19 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland, Österreich und der Schweiz bevölkern die Plattform. Wenn du dich mit Fachkollegen in Unserfrau-Altweitra, Castrop-Rauxel oder Dottikon austauschen willst, dann kann Xing für dich sinnvoll sein. Wenn du auf eine Städtepartnerschaft mit Pupukea auf der Hawaii-Insel Oahu aus bist, dann wirst du hier keine Netzwerkpartner finden. Dafür gibt es das US-Pendant LinkedIn. Im Gegensatz zu Xing kommt der Mitbewerber aus Übersee etwas moderner daher. LinkedIn gilt als Recruiting-Plattform, ist aber eher eine Art Business-Facebook. Was Tierfotos für Facebook und Sonnenuntergänge für Instagram sind, ist für LinkedIn eine spannende Umsatzzahl oder die Ausschreibung eines guten Jobs. Ganz klarer Fall: Eher etwas für Spezialisten.

Größere Gemeinden werden auch an X (früher Twitter) nicht leicht vorbeikommen. Eine Kurznachricht auf Twitter erreicht mehr Journalisten, Politiker und Entscheidungsträger als die meisten Presseaussendungen. Einige Sender berichten inzwischen „live“ in den Abendnachrichten von der Plattform, in vielen Tageszeitungen steht morgen das, was heute auf Twitter zu finden ist. Das klassische Format (160 Zeichen Kurznachrichten) ist schnell und scheinbar leicht zu bedienen. Doch Vorsicht! Twitter ist eine Schlangengrube! Der Ton ist bissig, jeder Beistrich wird in der schlimmstmöglichen Deutungsvariante ausgelegt. Wer auf Twitter aktiv ist, braucht ein dickes Fell. Daher ist Sorgfalt noch wichtiger als Schnelligkeit. Twitter entfaltet seine Kraft nicht aus der geringen Nutzerzahl. Twitter ist stark, weil seine Nutzer Multiplikatoren sind. Ein Twitter-Auftritt einer Gemeinde ist nur etwas für absolute Profis – oder Menschen, denen dieses spezielle Biotop einfach liegt.

Müssen wir jetzt als Gemeindevertreter auch auf TikTok herumhampeln, stepptanzen oder singen? Noch dazu wo manche Ministerien und Behörden ein Verbot der chinesischen App auf Diensthandys verhängt haben? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Einerseits besticht die Plattform mit rasanten Zuwachszahlen und derzeit rund 800 Millionen aktiven Nutzern weltweit. Der Niederösterreich-Star, der Wölblinger Gemeindebedienstete Christoph Brückner, hat auf TikTok 24,3 Millionen Fans. Die Kronenzeitung erreicht in Niederösterreich 334.000 Menschen, also einen Bruchteil. Auch wenn nicht anzunehmen ist, dass nicht alle Fans des Wölblinger Hobbyzeichners zwischen Enns[1]dorf und Wolfsthal wohnen – man kann auf TikTok richtig groß werden. Auf TikTok erreichen Sie mit Ihren Kurzvideos größtenteils ein Publikum, das nicht an Politik interessiert ist. Aber auch das ist nicht ganz richtig, TikTok wird immer mehr von Parteien und Organisationen genutzt. Ein Beispiel: 2020 reservierten hunderte TikTok-User Karten für eine Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump und kamen dann nicht. Blamable Bilder des damaligen Präsidenten vor einem halbleeren Saal waren die Folge. 15 oder 60 Sekunden kann ein TikTok-Video dauern. Wenn Sie erfolgreich sein wollen, müssen Sie ohne Umschweife auf den Punkt kommen. Schnell sprechen, schnelle Schnitte. Gute Formate für Gemeinden und Ämter sind etwa die Beantwortung einer Frage. Nur nicht zu viel Inhalt in ein Video packen, lieber mehrere Folgen veröffentlichen. Auf TikTok brauchen Sie einen originellen Zugang. Wenn Sie ein junges Publikum für eine Stelle in Ihrer Gemeinde, einen Listenplatz in Ihrer Ortspartei oder einfach für gesellschaftliche Themen interessieren möchten, dann kommen Sie an TikTok fast nicht mehr vorbei.

Viele Gemeinden, Ämter und politische Gruppen verschlafen gerade einen Mega-Trend – den Podcast. Eigentlich sind Podcasts kleine Hörspiele beziehungsweise Radiosendungen. Laut einer Umfrage aus Deutschland haben 88 Prozent aller 14- bis 59-Jährigen im letzten Monat zumindest einen Podcast gehört. 82 % der Hörer und Hörerinnen interessieren sich für Politik. Und 47 % aller User hören einen Podcast bis zum Schluss, was ein Spitzenwert ist. Schön, dass zur Produktion eines Podcasts schon ein Laptop, ein gutes externes Mikrofon um rund 100 Euro und eine Mikrofonaufhängung mit Spuckschutz genügen. Podcasts kann man beim Bügeln, am Weg zur Arbeit oder beim Joggen hören. Podcasts sind kein ultraschnelles Medium wie TikTok, man kann komplizierte Inhalte in der optimalen Sendungslänge von 30 bis 60 Minuten auch tiefergehend besprechen. Auch für Podcasts gilt: Nur wenn du ein gelungenes Format hast und dieses regelmäßig produzierst, dann wirst du auch erfolgreich sein. Deine Tonspur kannst du auf fast allen Kanälen wie Spotify, Google, Apple, YouTube, Soundcloud oder Deezer veröffentlichen. Aber auch lokale Plattformen wie „Missing Link“ des österreichischen Medienmanagers Stefan Lassnig produzieren und senden inzwischen für riesiges Publikum. Ex-Profil-Aufdecker Michael Nikbakhsh ist mit seinem von Lassnig gehostetem Podcast „Die Dunkelkammer“ wöchentlich ganz oben auf den Downloadrankings der österreichischen Podcast-Szene.

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