Unser Niederösterreichischer Europa-Landesrat Martin Eichtinger hat mich motiviert und vergangene Woche „mitgenommen“ zu einer Reise ins “Herz” der EU – nach Brüssel. Dafür ich bin ihm wirklich dankbar und war fasziniert, wie exzellent vernetzt er hier in Brüssel ist und wie sehr er auf dieser Ebene auch etwas bewegt – mit seinem diplomatischen Geschick – aber auch mit seiner gewinnenden Art!
Niederösterreich und speziell die NÖ. Vertretung in Brüssel, die kennt man hier. Bei den Paneldiskussionen waren 7 verschiedene Nationen vertreten, um sich zu vernetzen und der Zuspruch zu den Initiativen des Niederösterreichischen Verbindungsbüros in Brüssel und auch der Abgeordneten und Vertreter ist immer sehr gut! Damit zum Wesen der Arbeit Vieler hier in Brüssel: Sie sind „Interessensvertreter“ aber auch „Netzwerker“. Langläufig wird „Lobbying“ unterstellt – aber das ist eigentlich der falsche Ausdruck. Es geht hier – zumindest auf Ebene der Vertretungen und der Abgeordneten der Nationalstaaten im Europaparlament oder auch des diplomatischen Personals um Aushandlung und Verhandlung, um Initiativen, die man einbringt und um einfach viele viele Gespräche, um Interessen auszugleichen und Meinungen so lange anzugleichen bis letztendlich gemeinsame Entscheidungen fallen können.

Die Gemeinden, die haben mit dem Verbindungsbüro des Österreichischen Gemeindebundes eine hervorragende Servicestelle, hier in Brüssel und mit Daniela Fraiss auch eine langjährige Mitarbeiterin, die sehr viele und sehr vieles kennt und eine exzellent präzise Arbeit macht.
Apropos präzise Arbeit – das ist überall spürbar – in allen Gesprächen, dass es sehr wenig um Emotionen, persönliche Sichtweisen oder gar Befindlichkeiten geht, sondern wirklich um echte Sacharbeit. Mit hoher Präzision und enormen Fachwissen sind die Mitarbeiter hier ausgestattet und auch in so komplexen Themenfeldern, wie der zukünftigen Digitalisierung einfach „firm“, wie ich gestern auch in einem ausführlichen Gespräch mit einem Spitzenmitarbeiter von Kommissions-Vizepräsidentin Vestager erfahren konnte. Trotzdem und gerade deswegen waren alle Gesprächspartner auch sehr dankbar, dass „Politiker“ und Vertreter der Länder und Regionen nach Brüssel kommen und die Arbeit der „Beamten“ reflektieren, ausrichten und auch den Diskurs und die „Prüfung“ so mancher Überlegungen auf ihre „Umsetzbarkeit, Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit“ gemeinsam forcieren.
Entscheidungen und Initiativen dauern durchaus alle sehr lange hier, aber dafür sind sie handwerklich auch perfekt und hier hat Politik noch nicht „dieses Getriebene“, wie wir es in Österreich und auch den meisten Nationalstaaten erleben. In Brüssel ist noch die Zeit, um Entscheidungen gut durchzudenken, lange zu diskutieren – dazu schreiben auch die EU Verträge teils sehr komplexe Mechanismen vor.





Immer wieder war auch spürbar, dass der Kontakt in die Nationalstaaten noch viel mehr gewünscht wäre. Vor allem die Ebene der Kommunen – das sehen auch viele hier im Zentrum Europas – wird zunehmend für die Umsetzung von Themen wichtiger und dahin Kontakte zu knüpfen, das ist für Viele zunehmend wichtig. Und trotzdem ist die Welt auch hier in Brüssel „klein“ und bei einigen Gesprächen haben wir letztlich herausgefunden, auch gemeinsame Bekannte zu haben oder gemeinsame persönliche Anknüpfungspunkte aus vergangener Zeit gefunden.
Während meines Aufenthaltes in Brüssel durfte ich auch an informativen Roundtables mitwirken und bei einer Diskussionsrunde zum Thema Ortskernbelebung als Keynote-Speaker meine Sichtweise darlegen. Die vom Verbindungsbüro des Landes Niederösterreich organisierte Podiumsdiskussion zur Ortskernstärkung bat Gelegenheit, im Rahmen der Keynote nicht nur best practices aus Ardagger anzusprechen, sondern auch Forderungen an Europa zu richten. Dass nämlich die Mehrwertsteuerrichtlinie interkommunale Zusammenarbeit nicht behindern darf, Raumordnung ureigenste kommunale Aufgabe ist und eine echte Folgenabschätzung europäischer Regeln den ländlichen Raum umfassend berücksichtigen muss. Vitale Ortskerne brauchen politisches Engagement, Umnutzung von Bestandsgebäuden und innovative Konzepte für Geschäftslokale. Ohne flächendeckendes Breitband geht gar nichts mehr.
Karin Zeiler von den Bezirksblättern hat mich übrigens vor Ort interviewt. Einen guten Überblick über die 3 Brüssel-Tage samt Interview könnt ihr in folgendem Bericht nachlesen:
Während der intensiven Tour durfte ich auch Werner Stengg, Digitalexperte im Kabinett von Kommissions-Vizepräsidentin Margarete Vestager, kennenlernen. Auch, wenn die Vorschläge der EU in diesem Bereich für die Gemeinden mitunter sehr abstrakt wirken, zeigten sich im Gespräch doch viele Anknüpfungspunkte. Datenwirtschaft und Datenzugang, Datennutzung zur Dienstleistungsoptimierung, eID für das elektronische Amt und der Dauerbrenner DSGVO sind konkrete Schnittstellen zwischen EU-Digitalstrategie und Gemeinden. Die DSGVO bleibt für Gemeinden das Maß aller Dinge, d.h. auch innovative Ideen der Datennutzung und Datenoptimierung müssen den Datenschutztest durchlaufen. Brandaktuell ist die Umsetzung der europäischen eID, die auch im digitalen Gemeindeamt nötig ist. Denn im Gegensatz zum Bürgerservice einer kleinen Gemeinde, wo die Bevölkerung sozusagen mit persönlicher Gesichtserkennung empfangen wird, braucht es im digitalen Raum wirksame Garantien, dass sich hinter einem Namen auch tatsächlich die betreffende Person verbirgt.
Was ich – speziell für die NÖ Gemeinden – aus Brüssel mitnehme ist sicherlich, dass wir den Kontakt zur Europäischen Union weiter forcieren müssen – nicht zwecks Besuchsdiplomatie, sondern weil es wirklich wichtig ist, Interessen zu verschiedenen Politikfeldern einzubringen! Ich habe mitgenommen, dass gerade bei der Digitalisierung enorm weit gedacht wird und Regulierungen in Vorbereitung sind, die Fehlentwicklungen frühzeitig Einhalt gebieten und den Nutzen für die Menschen voranstellen. Ich habe auch erfahren, dass Brüssel enorm gut informiert ist – auch jetzt in der Ukrainekrise (beispielsweise über Fluchtströme, Kriegsentwicklungen usw.) – und dass gerade diese Krisen (davor schon Corona), den Zusammenhalt in der EU gewaltig gesteigert haben und auch wenn man im Detail nicht immer einer Meinung ist, man dieser Institution mehr denn je vertrauen kann.


