Gemeindevertreter drängen auf die Einführung einer Abgabe für Nebenwohnsitze. Niederösterreich ist das letzte Bundesland, ohne eine derartige Regelung. Gemeinden erhalten die Infrastruktur für alle, Geld vom Bund gibt es aber nur für Hauptwohnsitzer.
Kaumbergs Bürgermeister Michael Wurmetzberger ist stolz auf seinen Spielplatz. Errichtet wurde das El Dorado für Kinder aus Mitteln der Gemeinde. Die neuen Geräte sind ein regelrechter Magnet für junge Familien im Ort. Kinder aus Kaumberg schaukeln und klettern hier mit Wochenendfreunden aus Wien. Das steigert die Gesundheit und die sozialen Kontakte im Ort. Eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Trotzdem ist da ein schaler Nachgeschmack, wenn Wurmetzberger an den Spielplatz denkt: “Es ist super dass den Spielplatz alle Familien besuchen. Trotzdem wäre es eine Frage der Fairness, wenn Freizeitwohnsitzer hier auch einen Beitrag leisten würden.”
Was Wurmetzberger anspricht, wissen die meisten Freizeitwohnsitzer gar nicht. Gemeinden bekommen vom Bund nur für Hauptwohnsitzer Geld überwiesen. Für Freizeitwohnsitzer gibt es keinen Cent aus dem Finanzausgleich. Trotzdem wird die Infrastruktur von allen benutzt. Die Straße zum Haus der Zweitwohnsitzer wird genauso geräumt, der Radweg wird von Zweitwohnsitzern genauso benutzt und im Notfall kommt die von der Gemeinde subventionierte Feuerwehr natürlich auch den Zweitwohnsitzern. Darum werden nun in Niederösterreich Stimmen lauter, die eine Freizeitwohnsitzabgabe fordern.
Erst kürzlich hatte die Stadt Wien eine Zweitwohnsitzabgabe angekündigt. Diese soll ab 2025 je nach Wohnungsgröße 300 bis 500 Euro pro Jahr betragen. Niederösterreich wäre somit das letzte verbliebene Bundesland ohne eine solche Abgabe. Deshalb sollen nun Gespräche geführt werden. Bereits im November 2021 haben der ÖVP-Gemeindebund und der sozialdemokratische NÖ Gemeindevertreterverband (GVV) die Einführung einer sogenannten Infrastrukturabgabe verlangt. NÖ Gemeindebund Präsident Johannes Pressl: “Mit dem Vorstoß Wiens öffnet sich nun ein Zeitfenster, das wir nutzen wollen”
Auch Anette Töpfl, Bürgermeisterin in Vitis würde sich einen fairen Beitrag der Zweitwohnsitzer wünschen. In Vitis gibt es eines der wenigen Hallenbäder im Waldviertel. Töpfl: “Das Bad und die Sauna wird sehr gerne auch von unseren Zweitwohnsitzern genutzt. Die zahlen natürlich auch Eintritt – Nur aus Eintrittsgeldern lässt sich der Betrieb nicht finanzieren. Die Gemeinde schießt eine beträchtliche Summe zu. Darum wäre es fair, wenn hier Zweitwohnsitzer die Last mittragen würden.”
Kaumberger Spielplatz oder Hallenbad in Vitis sind nur einige Beispiele. Bei der durch Gemeinden erhaltene Infrastruktur geht es um Bau und Erhaltung von Gemeindestraßen, das Radwegenetz, die Straßenbeleuchtung, das subventionierte Kulturangebot die renovierte Festhalle, Spielplätze und Parks, die Bibliothek oder auch subventionierte Vereinswesen um nur einige Beispiele zu nennen. All diese von den Gemeinden finanzierten Einrichtungen werden auch von Zweitwohnsitzern genutzt. Nur ohne dass die Erhalter Geld dafür bekommen. Eine Abgabe wie in allen anderen Bundesländern wäre für die Gemeindevertreter somit eine faire Sache.
Auch Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko hat ein offenes Ohr für die Anliegen der Gemeindevertreter: “Wir kennen den Wunsch der Gemeinden diesbezüglich eine Lösung zu finden und stehen für Gespräche über die Ausgestaltung einer solchen Freizeitwohnsitzabgabe zur Verfügung. Wichtig ist aber, dass jede Gemeinde frei entscheiden kann, ob sie diese Abgabe einhebt oder nicht.” Geplant sind nun Gespräche mit Wien, um die dort geplante Regelung als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen. Schließlich sollten in der Ostregion ähnlie Regeln gelten. Läuft alles nach plan, könnte eine derartige Abgabe mit Jahresbeginn 2025 eingeführt werden.