Ein EU-Kommissar ist kein “Inspektor”, sondern ein Umsetzungsorgan für die EU-Politik – vergleichbar mit einem Minister in Österreich. Für die Gemeinden sollte es einen eigenen “Kommunal-Kommissar” geben, hat der Österreichische Gemeindebund kürzlich gefordert. Sowohl für die Europäische Union als auch für die Gemeinden könnte das eine “Win-Win” Situation sein.
Ein großer Teil der gemeinsamen EU-Politikthemen kommt zur Umsetzung auf die Gemeindeebene und fast alle EU-Politikbereiche betreffen die Menschen in den Gemeinden. Aber die EU-Zentrale in Brüssel ist nicht nur fast 1000km von Österreich entfernt, sondern mit dem Grad der Entfernung sinkt scheinbar oft auch die praktische Anwendbarkeit von EU-Normen in den Gemeinden. Ein eigener EU-Kommunalkommissar könnte zu mehr Berücksichtigung der Gemeindeanliegen in einem zukünftigen EUROPA führen.
Es geht bei der Forderung nach einem eigenem Exekutivorgan für die Gemeinden also nicht um mehr Förderungen und EU-Regionalprogramme. Das wird ohnehin schon viele Jahre lang von der Generaldirektion für Regionalpolitik und Stadtentwicklung verfolgt.
Es geht beim Wunsch nach einem Kommunal-Kommissar um BÜROKRATIEABBAU für die lokale Ebene. Es geht den Gemeindevertretern um ein „RURAL PROOFING“ von Gesetzesmaterien. Es geht um eine Vereinfachungen von AUFTRAGSVERGABEN an lokale Unternehmungen. Und es geht auch um kritische Versorgungsinfrastrukturen für die Menschen – bspw. bei KANAL, TRINKWASSER oder Glasfaser, die dann nicht dem bisherigen EU-Wettbewerbsrecht unterliegen sollten. Auch bei der EU-Umwelt- und Klimaschutzgesetzgebung, braucht´s kommunalen Umsetzungs-HAUSVERSTAND, wenn man zum Beispiel die Renaturierungsrichtlinie, die Gebäuderichtlinie oder die Energieeffizienzrichtlinie vor Augen hat.
Schließlich sollte mit einem eigenen Kommunal Kommissar auch die lokale Demokratie in den Gemeinden europaweit wieder mehr Stellenwert bekommen. Da wird von Theoretikern zwar immer wieder von mehr Basisdemokratie und Bürgereinbindung gesprochen. Die Gemeinden sind aber schon seit jeher die Basis der direkten Demokratie. Und Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stehen auch ausserhalb von Wahlen ihren Mitmenschen vor Ort täglich Rede und Antwort und sind damit auch bei allen Entscheidung laufend “am Puls“ der Zeit.
Am Ende würden von einer zukünftigen Kommunal-Kommissarin oder einem Kommunal-Kommissar nicht nur die Gemeinden, sondern umgekehrt auch die Europäische Union profitieren. Wenn rund 573 Gemeinden in Niederösterreich, 2093 österreichweit und rund 85.000 Kommunen in ganz Europa stärker bei ihrer tagtäglichen Arbeit wahrgenommen werden, dann werden 85.000 Kommunen und ihre 85.000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die Botschaft und die Werte Europas auch mit noch mehr Begeisterung zu den Menschen in ihren Gemeinden tragen. Und vielleicht gibt´s ja dann auch einmal 85.000 Europagemeinderätinnen und Europagemeinderäte – nämlich in allen europäischen Gemeinden eine oder einen.
Der Österr. Gemeindebund hat im Präsidium bei seiner jüngsten Brüsselreise Mitte Mai übrigens auch ein >> EUROPA-MANIFEST beschlossen: “Ein STARKES Europa – nur mit STARKEN Gemeinden!” titelt es und umfasst 6 zentrale Forderungen:
- Bessere Berücksichtigung und Einbeziehung der lokalen Ebene in europäische Gesetzgebungsprozesse und Verständnis für unterschiedliche Strukturen und Ausgangslagen der Gemeinden – repräsentiert durch einen eigenen EU-Kommissar für Gemeinden.
- Fokus auf Deregulierung und Unterstützung bei der Umsetzung geltender Gesetze
- Fokus auf „Rural Proofing“ bei der EU-Gesetzgebung
- Reduktion des hohen Verwaltungsaufwandes für EU-Förderungen und EU-Programme
- Vereinfachung des Vergaberechts
- Anpassung des EU Wettbewerbsrecht für kritische Infrastrukturen



















