Blau-gelbes Ehrenamt so wertvoll wie das Landesbudget

Niederösterreicher leisten jährlich 270 Stunden ehrenamtliche Arbeit. Das entspricht einem Gegenwert von 6 Milliarden Euro, und laut Zukunftsforschern zeigt der Trend steil nach oben.

Beitrag von Günther Haslauer und Oswald Hicker

Niederösterreich ist das Land des Ehrenamtes. Fast jeder zweite Erwachsene über 15 Jahre ist ehrenamtlich engagiert. Das sind in Niederösterreich rund 700.000 Menschen. Rund die Hälfte ist in einem von rund 20.000 Vereinen im Land tätig, die andere Hälfte außerhalb eines Vereins.

Formelle und Informelle Freiwilligenarbeit
Unter Freiwilligentätigkeit versteht man unbezahlte und nicht verpflichtende Tätigkeiten, die zum überwiegenden Teil aus sozialen Motiven und zum Wohle der Allgemeinheit geleistet werden. Dabei wird zwischen der Formellen Freiwilligenarbeit innerhalb einer Organisation und der Informellen Freiwilligenarbeit ohne Verein oder Organisation unterschieden. Was die Formelle Freiwilligenarbeit betrifft, sind zwei Drittel in einem Verein und ein Drittel in zwei oder mehr Vereinen Mitglied. Drei von zehn Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern engagieren sich im Bereich Sport und Bewegung, jeweils zwei von drei in den Bereichen Katastrophen- und Rettungsdienste, Kunst, Kultur und Unterhaltung sowie Religion und Kirche. Generell gibt es bei der Formellen Freiwilligenarbeit große organisatorische Unterschiede. Der überwiegende Teil aller Ehrenamtlichen ist in gemeinnützigen oder mildtätigen Vereinen organisiert. Der Dachverband der Freiwilligen Feuerwehren in Niederösterreich, der NÖ Landesfeuerwehrverband ist eine Körperschaft Öffentlichen Rechts. Rund ein Drittel aller Vereine in Niederösterreich haben eine Dachorganisation auf Landes- bzw. Bundesebene. Informelle Freiwilligenarbeit besteht zum größten Teil aus den Bereichen Haus- und Gartenarbeit, kleineren Reparaturen und handwerklichen Tätigkeiten, Betreuung oder Besuche von Pflegebedürftigen, Kinderbetreuung und Nachhilfe. Fast acht Stunden pro Woche leisten Ehrenamtliche im Schnitt. 270 Millionen Stunden jährlich werden dadurch in Niederösterreich unentgeltlich geleistet. Das entspricht einem Gegenwert von ca. 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich, das NÖ Landesbudget 2024 beträgt 9,4 Milliarden Euro.

Fast acht Stunden pro Woche leisten Ehrenamtliche im Schnitt.

Warum die Zukunftsforschung Vereinen und Ehrenamt eine goldene Zukunft vorhersagt
Soweit die beeindruckenden Zahlen. Aber wird diese Säule in einer Zeit der Egomanie auf Social Media und rauerer wirtschaftlicher Bedingungen bröckeln und schließlich zusammenbrechen? Zukunftsforscher rechnen sogar mit dem Gegenteil. Ehrenamt wird unserem Leben in Zukunft hauptsächlich Sinn verleihen. Denn während sich derzeit viele Menschen sich über Erfolg in der Erwerbstätigkeit definieren, wird dieser Faktor in Zukunft an Bedeutung verlieren. Visionär Bill Gates rechnet damit, dass die Künstliche Intelligenz bereits in wenigen Jahren zu einem digitalen persönlichen Assistenten wird, der Leistungen erbringt, die bisher lediglich Firmenchefs und Spitzenmanagern vorbehalten blieben. Assistentinnen und Assistenten, die sowohl Berufs- als auch Privatleben weitgehend eigenverantwortlich koordinieren.

Bedürfnis nach Bewegung und Gesellschaft wird größer werden
Lars Thomsen, einer der bekanntesten deutschen Zukunftsforscher, nennt eine weitere Entwicklung: In zehn Jahren soll das Auftragsvolumen der Robotik die Autoindustrie bereits um das Vierfache überholt haben. In wenigen Jahren werden heute unbekannte Robotik-Unternehmen wie ABB, Dürr oder Fanuc klingende Namen wie BMW, Toyota oder Volkswagen in ihrer Bedeutung für uns Menschen hinter sich lassen. Klar ist: Umso effizienter wir unser Arbeitsleben gestalten, umso wichtiger wird die Gestaltung unseres Privatlebens werden. Umso mehr Zeit wir mit Künstlicher Intelligenz oder Robotik, vielleicht sogar im Homeoffice, verbringen, umso größer wird unser Bedürfnis nach Gesellschaft und auch Bewegung während der restlichen Tageszeit sein. Zitate: Umso effizienter wir unser Arbeitsleben gestalten, umso wichtiger wird die Gestaltung unseres Privatlebens werden.

Den Ruhestand sinnvoll nutzen
Bereits heute haben mehr Menschen denn je so viel Freizeit wie nie zuvor. Zum einen, weil sich die Zahl jener, die in Teilzeit arbeiten, in den letzten 20 Jahren auf 30 Prozent verdoppelt hat. Zum anderen, weil die große Zahl an Menschen der sogenannten Boomer Generation jetzt in die Pension eintritt und mit einer von Jahr zu Jahr steigenden Lebenserwartung von über 100 Jahren rechnen kann. Menschen heute werden rund zehn Jahre älter als deren Eltern und 20 Jahre älter als deren Großeltern. In wenigen Jahren ist jeder Vierte in Österreich lebende in Pension. Mehr und mehr Menschen haben also immer mehr Zeit. Und alle Menschen wollen ihre Zeit sinnvoll nutzen.

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